Bei der Swiss kommt es zu einer Massenentlassung und einem Flottenabbau. Doch für Fernweh-Leidende hat Airline-Chef Dieter Vranckx eine positive Botschaft.
Es ist ein schwarzer Tag für das Personal der rot-weissen Airline: Wie die «Schweiz am Wochenende» kürzlich voraussagte, hat die Swiss am Dienstag eine Massenentlassung verkündet. 550 Angestellte sind betroffen, am meisten davon beim Kabinenpersonal. Von den Piloten muss niemand gehen, allerdings müssen sie Pensumsreduktionen in Kauf nehmen.
Doch zumindest aus Sicht der Ferienhungrigen hat Swiss-Chef Dieter Vranckx auch positive Nachrichten am Konferenzgespräch mit Journalisten zu verkünden. Auf die Frage, wie gross die Hoffnung auf eine baldige Lockerung der US-Einreiseregeln für Nicht-Amerikaner ist, sagt Vranckx: «Klar, wir hoffen auf Präsident Biden.» Der Schweiz-Belgier Vranckx, der seit Anfang Jahr die Geschicke der Swiss leitet, rechnet sogar bereits für das Sommergeschäft mit einer Öffnung. Gut möglich, dass seine Hoffnungen noch etwas grösser sind, da US-Präsident Joe Biden am Dienstag in Genf landet, um am Mittwoch Russlands Präsident Wladimir Putin zu treffen.
Tatsächlich hat die US-Regierung vergangene Woche bekanntgegeben, dass sie erste Massnahmen für eine Lockerung der Regeln eingeleitet hat, mit dem Ziel, schon bald wieder Touristen aus europäischen Staaten, Kanada und Mexiko ins Land zu lassen (diese Zeitung berichtete). Ein Zeitpunkt wurde bisher aber nicht genannt.
Vranckx betont, dass Nordamerika für die Swiss ein besonders wichtiger Markt sei. Aktuell erwartet er für die Sommermonate Juli und August ein Passagiervolumen von 50 Prozent gegenüber dem Niveau von 2019. Und 2023 dürften die Passagierzahlen laut Vranckx noch immer 20 Prozent unter dem Vor-Pandemie-Niveau liegen.
Deshalb hat die Swiss beschlossen, 15 Prozent ihrer Flugzeugflotte abzubauen und 20 Prozent der Kosten einzusparen. Immerhin: Anstatt 780 Kündigungen, von denen die Swiss Anfang Mai noch ausging, sind es nun noch 550. Das Entgegenkommen der Personalverbände und knapp 800 Sparvorschläge aus den Reihen der Angestellten machten eine Verminderung möglich.
Dennoch gibt es Kritik von Seiten der Gewerkschaften. So hat die Gewerkschaft VPOD, welche das Bodenpersonal in der Technik, in der Administration oder in Call Centern vertritt, bereits vergangene Woche angekündigt, eine Klage wegen missbräuchlicher Kündigung einzureichen. Der Vorwurf: Die Swiss habe für das Konsultationsverfahren zu wenig Zeit eingeräumt. Die Airline streitet dies ab. Doch auch die Gewerkschaft SEV-Gata, die ebenfalls Angestellte des Bodenpersonals vertritt, übt Kritik und strebt eine Klage an. «Die Swiss hat den Gewerkschaften eine einigermassen fundierte Eingabe verunmöglicht», sagt SEV-GATA-Präsident Philipp Hadorn. «Damit sind die Kündigungen formell missbräuchlich.»
Hadorn missfällt zudem der Zeitpunkt des Abbaus: «Das Impfen der Bevölkerung schreitet voran, der digitale Nachweis der Corona-Freiheit wird das Fliegen bald vereinfachen und die Zahl der Buchungen ist bereits angestiegen.» Dank der nochmals verlängerten Kurzarbeitsentschädigungen und dank dem Bankkredit, den die Swiss mit Hilfe des Bundes aufnehmen konnte, sei die Airline überhaupt nicht zu solch massivem Abbau gezwungen. Sie riskiere damit einen Mangel an Fachkräften im Wiederaufschwung des Luftverkehrs und vernachlässige ihre soziale Verantwortung für die Mitarbeitenden, die mit der Kurzarbeit schon erhebliche Lohnopfer gebracht hätten.
Bisher haben die Swiss und ihre Schwesterairline Edelweiss vom Bankenkredit in der Höhe von 1,3 Milliarden Franken, der vom Bund gedeckt ist, etwas mehr als die Hälfte bezogen. Anstatt wie bisher 2 Millionen Franken, verbrennt die Airline aktuell noch etwas weniger als 1,5 Millionen Franken pro Tag.
Vranckx betont zudem, dass noch nicht klar sei, welche Destinationen aus dem Streckenportfolio gestrichen würden. Das sei auch nicht das Ziel. «Wir werden auch in Zukunft wohl etwa 97 Prozent unserer bisherigen Strecken fliegen, aber die Frequenzen senken.» Dies dürfte insbesondere Ziele von Geschäftsreisenden auf der Kurzsstrecke betreffen. Denn künftig dürften viele Banker nicht mehr so oft für ein Meeting nach London reisen, sondern das Gespräch online führen.