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Gerald Greimel hat im Jänner 2021 das Bestattungsunternehmen von Johann Schwarzbauer übernommen.
MICHELDORF. Im Interview mit der BezirksRundschau erzählt er, wie es dazu gekommen ist.
Herr Greimel, warum haben Sie sich dazu entschieden, Bestatter zu werden? Greimel: Als 2003 mein Schwager bei einem Unfall verstarb, musste ich die Tragweite eines solchen Schicksalsschlages hautnah miterleben. Das war emotional für mich selbst und noch mehr für meine Schwester und ihre zwei kleine Mädchen. Später konnte ich unserer Großmutter nach ihrem Ableben eine würdige Verabschiedung bereiten. Wir konnten sie zu Hause waschen und ankleiden. Gemeinsam mit unseren Nachbarn beteten, lachten und weinten wir. Das war für uns ein besonderes, von Liebe getragenes Abschiednehmen. Durch unsere Musikalität konnten wir natürlich auch Abendandacht und Begräbnis selbst musikalisch gestalten – der letzte gute Dienst, den wir unseren Verstorbenen erweisen konnten.
Bestatter sein ist aber nicht unbedingt ein Traumjob, oder? Solche Dienste, wie oben beschrieben, möchte ich auch anderen Familien ermöglichen und unterstützend mithelfen, wenn das gewünscht wird. Das gibt mir – so banal es klingen mag – Erfüllung. So gesehen ist es für mich ein „Traumjob“.
Wie lässt sich das mit Ihrem Beruf als Polizeibeamter vereinbaren? Derzeit führe ich die Bestattung nebenberuflich. Es lässt sich mit meinem Dienst bei der Polizei gut vereinbaren, da ich im inneren Dienst in erster Linie mit Verwaltungsaufgaben am Bezirkspolizeikommando betraut bin und mir mein Arbeitgeber sowie mein unmittelbarer Vorgesetzter eine sehr freie Zeiteinteilung ermöglicht haben. Dafür bin ich sehr dankbar.
Welche Befähigung muss man mitbringen? Ich habe meine Befähigungsprüfung für das Bestattergewerbe bereits 2009 abgelegt. Diese bestand aus einer theoretischen und praktischen Prüfung. Weiters musste man eine Unternehmerprüfung oder eine kaufmännische Ausbildung nachweisen. Damals war es in erster Linie Interesse und kein Bestreben, diese Tätigkeit auch beruflich auszuüben. Mit zunehmendem Alter ging mir dies aber immer öfter durch den Kopf. Als ich durch Zufall im Dezember letzten Jahres erfuhr, dass Herr Schwarzbauer seine Bestattertätigkeit pensionsbedingt beendet, entschloss ich mich kurzerhand, diesen innerlichen Wunsch doch noch umzusetzen. So bin ich nun wahrscheinlich einer der ältesten „Jungunternehmer“ in Oberösterreich.
Worauf kommt es sonst noch an? Ich denke, die wichtigsten Eigenschaften eines Bestatters sind, dass man zuhören und sich in das Gegenüber hineinfühlen kann. Aufgrund meiner Tätigkeit als Sänger, Musiker und Entertainer, als Chorleiter oder durch mein Ehrenamt in der Pfarre kann ich auf viel Erfahrungsschatz im Organisieren und Gestalten zurückgreifen.
Gibt es eigentlich einen "Gebietsschutz"? Gebietsschutz gibt es bei den Bestattern nicht. Man kann sich sozusagen den Bestatter „seines Vertrauens“ selbst aussuchen. Grundsätzlich kann sich jede und jeder, der mit einem Sterbefall konfrontiert ist, bei mir melden. Ich werde die Familie dann bestmöglich in dieser Erstphase begleiten. In der noch kurzen Zeit meiner Tätigkeit durfte ich schon in Micheldorf, Heiligenkreuz, Steinbach/Ziehberg, Klaus, Steyrling und Nußbach Bestattungsfeierlichkeiten organisieren und durchführen.
Welche Aufgaben hat man heutzutage als Bestatter? Die grundsätzliche Tätigkeit, nämlich einen Verstorbenen zu versorgen, abzuholen und ein Begräbnis zu organisieren, ist die gleiche geblieben. Geändert haben sich eine Vielzahl an Möglichkeiten in der Durchführung von Feierlichkeiten, im Angebot an Bestatterartikeln, wie z.B. Särge und Urnen usw. Heute bietet der Bestatter alle mit dem Ableben zusammenhängende Tätigkeiten durch. Das beginnt beim Erstgespräch über das Waschen, Anziehen, Abholen des Verstorbenen, Überführungen, Aufbahrung, Gestaltung von Trauerdrucksorten, Abendandachten, Begräbnisfeierlichkeiten. Weiters kümmert sich der Bestatter um sämtliche Behördengänge, wie die Ausstellung der Sterbeurkunde bis hin zu Abmeldung und Abrechnung von Sterbeversicherungen. Vermehrt erkundigen sich oder planen Menschen bereits zu Lebzeiten ihr eigenes Begräbnis. Bei einer solchen Vorsorge stehen wir Bestatter gerne mit Rat und Tat zur Verfügung.
Gibt es darüber hinaus Entwicklungen, auf die ein moderner Bestatter zunehmend Rücksicht nehmen muss? Feuerbestattungen haben in den vergangenen Jahren zugenommen und in manchen Regionen die klassischen Erdbestattungen überholt. Auch Naturbestattungen werden aufgrund des geringen Aufwandes der Gräbernachbetreuung immer wieder angefragt. Flussbestattungen gibt es derzeit nur in bestimmten Bereichen auf der Donau in Niederösterreich. Heute gibt es auch die Möglichkeit, aus einem Teil der Asche einen Diamanten gestalten zu lassen, um den Verstorbenen/die Verstorbene nicht nur gedanklich bei sich zu tragen. Und natürlich spielen auch beim Bestatter die digitalen Medien eine immer wichtigere Rolle, wie zum Beispiel das Entzünden von virtuellen Kerzen oder Kondolenzeintragungen.
Wie herausfordernd sind Trauerzeremonien in Corona-Zeiten? Die Corona-Zeit stellt eine große Herausforderung im Trauerfall dar. Zu Beginn der Pandemie waren nur fünf Personen zugelassen, was ja innerhalb der Familie schon problematisch war. Nun sind immerhin 50 Personen bei einem Begräbnis erlaubt. Hier bekam die Möglichkeit des persönlichen Abschiednehmens während der Zeit der Aufbahrung eines Verstorbenen besondere Bedeutung. Es ist in dieser Zeit für die Hinterbliebenen nicht leicht, die notwendigen Abstände und Hygienemaßnahmen einzuhalten. Menschen nicht umarmen zu dürfen, erzeugt oft doppelten Schmerz und erschwert die Trauerarbeit. Zusammenkünfte bei Abendandachten oder beim Totenmahl, die auch zur Trauerbewältigung gehören, gab oder gibt es nicht.
Haben Sie den Schritt, das Bestattergewerbe auszuüben, auch mal bereut? Dass man 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr, im Dienst ist, war mir vor meiner Entscheidung bewusst. Es sind eher die vielen kleinen Dinge zwischendurch, die ich vielleicht etwas unterschätzt habe, weil man sie nicht sieht, diese aber viel Zeit in Anspruch nehmen. Wenn Computer oder Drucker nicht so funktionieren, wie ich es bräuchte, weil die Parten eigentlich schon fertig sein sollten. Oder wenn mir – wie auch schon passiert – ein Fehler unterlaufen ist, der andere in ihrer Trauer verletzt hat. Dann leide auch ich darunter und ärgere mich über mich selbst. Dann denke ich mir manchmal: Ich bin etwas verrückt, dass ich mir das antue. Und trotzdem bereue ich den Schritt, Bestatter zu werden, nicht.
Wie schafft man es, die emotionale Distanz zu wahren? Jedes Sterben ist schlimm und voller Emotionen. Meine Frau ist als Koordinatorin des Mobilen Hospiz Kirchdorf tätig. Da gibt es einen Spruch, der lautet: „Mitfühlen – aber nicht mitleiden“. Ich denke, das wäre ein guter Ansatz. Leider gelingt mir das nicht immer, da ich selbst meist voller Emotionen bin. Manchmal darf man auch mitweinen.
Mehr Informationen gibt es unter bestattung-greimel.at
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